Wohin mit dem Abwasser ?
Drei Modellprojekte für erfolgreiche Wasseranalyse und Wasseraufbereitung
In wenigen Wochen ist es wieder soweit – am 22. März begeht die UNESCO und
mit ihr viele Kommunen, Vereinigungen und NGOs den Weltwassertag. Dieses
Jahr steht er unter dem Motto "Abwasser- und Abwassernutzung". Ein Thema,
das den diesjährigen Weltwassertag bewegen wird, ist ein Fakt, der sich
momentan immer weiter herumspricht: Abwasser kann ein wertvoller Rohstoff
sein, den wir nicht nur nutzen können, sondern im Sinne der Nachhaltigkeit
sogar nutzen müssen!
(siehe http://www.unesco.de/wissenschaft/wasser/un-und-wasser/wassertag.html
)
Hierzulande gelangt das Abwasser von Siedlungen und der Industrie
größtenteils in die kommunalen Kläranlagen, in denen es wiederaufbereitet
und dem Oberflächenwasser zugeführt wird. Der übriggebliebene Klärschlamm
wird entweder verbrannt oder als Dünger direkt auf die Felder ausgebracht.
Beides ist nicht besonders nachhaltig und bringt hohe Umweltbelastungen mit
sich. Wo soll man also hin mit dem Abwasser und welche Rolle spielt die
Wasseranalyse dabei? Es gibt bereits jetzt vielversprechende Ansätze, von
denen wir hier drei vorstellen.
Abwasser aufs Feld – Pilotprojekt in Brandenburg
Die einfachste Form des Abwasserrecyclings ist es, das Abwasser für die Bewässerung im Landbau herzunehmen. Das ist bei weitem keine neue Idee, sie ist jedoch erst seit kurzem richtig ausgereift: Noch bis vor rund 50 Jahren hat die Stadt Berlin ihre Rieselfelder, in denen das Abwasser der Haushalte, aber auch der Industrie versickerte, zum Gemüseanbau genutzt. Das hatte den unangenehmen bis gefährlichen Nebeneffekt, dass damit nicht nur die erwünschten Nährstoffe, sondern auch Schwermetalle und Krankheitserreger auf den Feldern und den Tellern landeten. Die 290 Millionen Kubikmeter Abwasser, die Berlin pro Jahr produziert, einfach ungeklärt auf die Felder zu kippen, ist mittlerweile zum Glück keine Option mehr.
Mit der entsprechenden Wasseranalyse und der anschließenden Aufbereitung,
die Keime und Schwermetalle herausfiltert, unproblematische
Kohlenstoffverbindungen jedoch im Abwasser belässt, lässt sich das Problem
beheben. Dass das geht, macht die Gemeinde Winkel in Brandenburg vor. Seit
2013 unterhält sie acht Hektar Energieholz-Plantagen, die auf
Versuchsflächen mit gereinigten Haushaltsabwässern der Stadt bewässert
werden. Die eigentlich ertragsarmen Böden der Gegend liefern nun Rohstoffe,
die dann wieder in der Gemeinde verwendet werden und einen Rohstoffkreislauf
bilden. Das Langzeitprojekt läuft noch rund 20 Jahre und wird von
regelmäßigen Grundwasser- und Bodenanalysen begleitet. Bisher lieferten sie
"akzeptable" Ergebnisse, so Wolf Raber vom Ressourcenmanagement. Mit der
Nutzung von Abwässern für die Nahrungsmittelproduktion ist man hierzulande
berechtigterweise noch zurückhaltend – doch für die Nutzung im Anbau
sogenannter Energiepflanzen kann Abwasser eine Lösung sein.
(siehe https://www.reproketten.de/repro-in-der-praxis/energieholz-bewaesserung-mit-gereinigtem-abwasser-in-winkel.html)
Schwarzwasser zu Strom – Biogas-Projekt in Hamburg
Doch nicht nur das gereinigte Abwasser, auch der "Dreck" darin kann wertvoll
sein. So kann konzentriertes Toilettenabwasser, das sogenannte
"Schwarzwasser" zum Energieträger werden. Ist das eine Lösung für das
bevorstehende Ende des Erdölzeitalters? Das Pilotprojekt HAMBURG WATER Cycle
startete vor kurzem in der Jenfelder Au, einem neu entstandenen
Stadtquartier von Hamburg. Entscheidend für den Gebrauch des Schwarzwassers
zur Energiegewinnung ist nämlich die Separierung vom Grau- und Regenwasser,
die bereits beim Hausbau angelegt werden muss. Üblicherweise werden alle
Haushaltsabwässer zusammengeleitet und gemeinsam durchs Kanalsystem
abgeleitet. Im neu entstandenen Stadtquartier Hamburgs ist dies nun anders
gelöst: Die Abwässer der rund 630 Haushalte werden in jedem Haushalt
getrennt behandelt und abgeleitet: Regenwasser fließt in hübsch gestaltete
teichartige Rückhaltebecken, das Grauwasser kommt in die Kläranlage und das
energiereiche Schwarzwasser gelangt per Unterdruck-Sammelsystem in eine
eigene Aufbereitungsanlage. Aus dem dort entstehenden Biogas werden bereits
40 Prozent des Wärme- und 50 Prozent des Strombedarfs des Viertels
klimaneutral erzeugt!
(siehe: http://www.hamburg.de/projekt-jenfelder-au/)
Phosphat aus Abwasser recyceln – die Ortenau hat's vorgemacht
Phosphor ist ein elementarer Rohstoff, beispielsweise für die Herstellung
von Düngemitteln, ohne die unsere intensive Landwirtschaft kaum möglich
wäre. Deutschland muss jedoch seinen gesamten Bedarf an
Mineraldüngerphosphat importieren, denn die weltweiten Lagerstätten liegen
in Gebieten wie China, Nordafrika und dem Nahen Osten. Das sind erstens
nicht gerade Gegenden, die für ihre Sicherheit und Kontinuität berühmt sind.
Zweitens rechnen Geologen damit, dass die leicht erreichbaren Lagerstätten
in den nächsten 100 Jahren ausgebeutet sein werden. Die Lösung für diese
Probleme liegt in unseren Klärschlämmen. Mit der Rückgewinnung von Phosphat
aus diesen Klärschlämmen wären wir zwei Probleme auf einmal los – die Böden
könnten gezielt gedüngt werden, statt Klärschlämme einfach zu verspritzen
und eine Überlastung der Grundwässer zu verursachen. Und auch die drängende
Frage des Phosphat-Imports würde sich entspannen: Rein rechnerisch könnte
mehr als die Hälfte des landwirtschaftlichen Phosphatbedarfs durch
Rückgewinnung aus Klärschlämmen gedeckt werden. Das Verfahren dazu hat das
Fraunhofer Institut Stuttgart bereits vor einigen Jahren entwickelt und zur
Patentreife gebracht. Jetzt hat die Bundesregierung durch die Neuregelung
der Klärschlammverordnung endlich den Weg dazu geebnet: Betreiber von
größeren Abwasserbehandlungsanlagen werden seit Januar zur Rückgewinnung von
Phosphor aus Klärschlämmen verpflichtet. Innerhalb der nächsten 15 Jahre
sollen sie ihre Anlagen umrüsten.
(siehe: https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2017/01/2017-01-18-klaerschlamm-phosphor.html)
Die ersten erfolgreich abgeschlossenen Pilotprojekte, etwa in Offenburg,
haben offenbar überzeugt!
(siehe: https://www.iswa.uni-stuttgart.de/lsww/forschung/awt/2012_2013_Forschungsprojekte/Pilotanlage_MAP.html)

Ohne Wasseranalyse geht gar nichts
Egal, welches der Modelle man sich ansieht: Bevor die Abwässer weiter verwendet werden können, muss zwingend eine Wasseranalyse durchgeführt werden. Sie ermittelt, wie hoch die Verschmutzung ist und welche Art von Fremdkörpern aus dem Abwasser entfernt werden müssen, bzw. können. Mit den modernen Wasseranalysegeräten, die uns mittlerweile zur Verfügung stehen, ist diese Hürde schnell überwunden. Nach einer Nacht im Labor steht fest, für welchen Verwendungszweck die Abwässer aus einer bestimmten Siedlung oder Industrie-Anlage am ehesten geeignet sind, bzw. welche Rohstoffe sich daraus gewinnen lassen.